Wie ich den Kanadiern auf den Kuchenzahn fühlte
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Sweet Dreams

Wie ich den Kanadiern auf den Kuchenzahn fühlte

Man hört so manches Vorurteil über so manches Land. Für gewöhnlich sind die mir recht egal. Ich nehme sie hin, ich ignoriere sie. Ja, die Italiener mit den flirt-stärksten Herren, die Araber und ihr Händlerwesen, die Amis und ihre Fettsucht. Ist mir nie in den Sinn gekommen, so ein Vorurteil zu einem großen Thema zu machen.

Und dann habe ich mir mal wieder einen Nachmittag voller TV-Serien geschenkt und festgestellt: In US-Serien ziehen sie für ihr Leben gern die Kanadier durch den Kakao. Samt Donuts!

Die Fernseh-These

In mehr als einer Folge von „How I Met Your Mother“ wird dem Zuschauer suggeriert, dass Kanadier Donuts essen, wann immer man sie ihnen anbietet, ja dass sie sogar wichtige Lebensereignisse mit einem Donut verknüpfen können. Na, dann… Beweise bitte!

Die Netzwerk-Theorien

Vorsichtshalber holte ich ein paar Vorurteile in den sozialen Netzwerken ein. Von einigem war da die Rede, das mit dem „eh“ am Ende eines jeden kanadischen Satzes, zum Beispiel. Und auch das mit den überfreundlichen Menschen. Aber nein, von dem Donut-Fetisch hatte wohl noch niemand etwas gehört. Aber ja, Tim Hortons – das Donut-Mekka Kanadas – sei Kult und immer gut besucht. Ich hatte eine Mission!

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Challenge accepted!

Ich beschloss also, in Kanada so viel wie möglich Kanadier anzusprechen und ihnen einen Donut unter die Nase zu halten. Das Spektakel sollte im Foto festgehalten werden und eine hübsche Fress-Galerie werden.

Die Herausforderung liegt auf der Hand, oder? Ich spreche ungern fremde Menschen an, nicht mal Brian May! Und was, wenn diese Donut-Theorie wirklich nur made in Hollywood und so gnadenlos überspitzt ist, dass sie niemand versteht? Was, wenn die Kanadier beleidigt sind? Und die Scheu vor dem fotografiert werden? EGAL!

Meine Donut-Visitenkarte für die Hunderttausenden Teilnehmer meines Experiments

Meine Donut-Visitenkarte für die Hunderttausenden Teilnehmer meines Experiments

Die Zutaten

Die ortsansässige Donut-Kette Tim Hortons besitzt über 3400 Glieder in Kanada. Allein die Landkarte von Nova Scotia ist übersät mit Timi-Filialen. Das sollte kein Problem werden. Idealerweise kann man so eine Schachtel Schmalzkringel auch jederzeit mit sich herumfahren – wir haben ja Camper mit Kühlschrank im Rücken.

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Die Umsetzung

Und so hielt ich Ausschau nach willigen Donut-Essern – direkt in der Filiale wäre zu einfach gewesen. Wir testen selbst erst mal in Halifax, wie das Zeug schmeckt und beobachten die Vorlieben der Kundschaft. Hier kauft man mehr Bagles, Paninis und Kaffee als Gebäck. Spaziere ich also mit einer Schachtel (und 6 Donuts darin) unterm Arm durch Halifax? Natürlich nicht, denn die Sonne scheint, Schoko- und Zuckerglasur würden ruckzuck schmelzen. Erwähnte ich schon, wie ungern ich Menschen anspreche?

Erst mal testen, was man anderen anbieten will...

Erst mal testen, was man anderen anbieten will…

Annika von Fraserway RV kann immerhin bestätigen „Timis ist hier Lebenskultur.“ Leider ist Annika keine Kanadierin und darf am Experiment nicht teilnehmen. Das erste Mal kaufe ich einen 6-Pack in Cheticamp, denn der Cabot Trail ist tatsächlich donutmäßig unterbesetzt. Die bunten Süßigkeiten gingen mit auf Fährfahrt nach Prince Edward Island, wo meine ersten Foto-Opfer schon warteten, ahnungslos!

Amber & Cameron

Die zwei Teenies/Twens sind das Begrüßungspersonal an der Anmeldung (und dem Camping-Shop) vom KOA Campingplatz in Cornwall, PEI. Sie sind so freundlich und reden ohne Punkt und Komma auf mich ein, wo man was in und um Charlottetown machen kann, dass ich das Gespräch schließlich zu meinen Belangen umdrehe. „Kennt ihr das Gerücht, dass Kanadier einem Donut nicht widerstehen können?“ ein lachendes „Nein“ aus beiden Mündern. Ich bleibe dran. „Und? Könnt ihr?“ Wunderliche Blicke, aber immer noch kichern. Frau ist wie immer schneller mit Worten und so antwortet Amber „Na, wenn einer da wäre, würde ich einen essen.“ – „Ich habe welche! Ihr müsst euch aber auch fotografieren lassen!“

donut donut

Und raus bin ich aus dem Laden. Kralle mir die Kamera vom Rücksitz und die Donuts aus dem Kühlschrank. Mittlerweile hat sich der Check-in-Shop des Campgrounds mit Leuten gefüllt. Ich stelle mich ruhig in die Schlange. An der Reihe. Die beiden grinsen, als ich wieder dran bin. Und sie greifen zu! Amber ist so findig, dass sie gleich noch die Patrioten-Flagge zieht. Und unter dem Beifall der nachrückenden Leute im Shop beißen Cameron und Amber brav in ihre Donuts. Leider haben sie keine Zeit mehr, mir zu sagen, ob sie irgendetwas lieber essen als Donuts und womöglich andere Vorurteile mit mir teilen möchten.

Aber, ja, sie konnten nicht widerstehen! Ich gehe davon aus, dass es doch auch an meiner Überrumpelung und der absurden Frage an sich lag. Die Umstehenden waren jedenfalls trotz des Beifalls nicht zum Mitmachen zu ermutigen. Dabei war ich doch grad so mutig!

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Wollt ihr wissen, wie viele den Spaß noch mitgemacht haben? Dann klickt doch wieder rein – im zweiten Teil des Donut-Experiments!

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