Warum mich das Berliner Festival of Lights schon wieder enttäuschte
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Warum mich das Berliner Festival of Lights schon wieder enttäuschte

Durch die Berliner Luft schwebt ein Schlumpf. Völlig normal, eben kam auch schon ein grüner Dinosaurier vorbei. Das war es dann aber auch mit dem Spaß am Brandenburger Tor. Ansonsten ist hier irgendwie die Luft raus aus dem Lichterfest.

Festival of Lights 2014 - Brandenburger Tor

Ein Vierteljahrhundert nach der Vereinigung ist Berlin irgendwie schon wieder zerrissen und geteilt. Geteilt in das Fest „Berlin leuchtet“ und das „Festival of Lights“. Das war auch 2013 so und kam bei mir nicht so an. Umso verwirrender erscheint daher der in diesem Jahr weiterhin geteilte Auftritt der Lichtkünstler im Stadtgebiet. Manche leuchten vom 2.10. bis 19.10. durch, andere nur sporadisch, wieder andere erst ab dem 10.10. Es gibt zwei Pläne, in denen einige der Illuminationen verzeichnet sind. Keine Karte scheint vollständig. Was mich milde stimmt: Ein durchgängiges Motiv in diesem Jahr sind Blumen. Die sind immer gut.

Festival of Lights 2014 - Berliner Dom

City West – bunt ist anders

Geworben wird mit insgesamt 70 beleuchteten Gebäuden (durch beide Veranstalter). Dazu zählt man beispielsweise die Neonröhren, die an den oberen Stockwerken des Waldorf Astoria wie ein Geländer einmal herumlaufen. Oder auch fünf pastellige, instagramgefilterte Farbkreise, die aufs Bikini House projiziert werden. Das auffälligste und wirklich farbigste Gebäude, das die Bezeichnung „leuchtend“ noch tragen kann, ist der Zoopalast – ganz in Blau. Alles andere fällt weniger auf als die alljährlich ausgeleuchtete Verglasung der Gedächtniskirche.

Jede Menge Fotos vom Festival of Lights 2014

Zitadellen-Nepp

Nach einigen Jahren Pause wollte ich mal wieder nach Spandau und war begeistert, dass die Zitadelle angestrahlt werden sollte – Innen und Außen. Ich ersann einen Samstag, im Programm stand etwas von Lichterfest. Und der Verein „Berlin leuchtet“ sollte hier die Feder führen. Bei Ankunft am Außentor: Eintritt! Wie sich herausstellte, hatte just zum Gesamt-Berliner Lichterfest ein Spandauer Spaßverein beschlossen auf das Geschäft mit den bunten Lichtern aufzuspringen. Man bot zudem für die 10 Euro Eintritt auch ein Feuerwerk und Musike a la Blue System. Nein, ich habe nicht gezahlt, ich war auch nicht in der Zitadelle. Ich machte Fotos vom Außentor und zog beleidigt von dannen. Wie andere Fotografen berichteten, leuchtet die Zitadelle auch nicht bis zum 19.10. Versucht es also gar nicht erst.

Festival of Lights 2014 - Zitadelle Spandau

Oberbaumbrücke im Dunkeln

Mein Allzeit-Favorit ist die Oberbaumbrücke. Alle Jahre wieder steh ich am Ufer der Spree meist neben dem Hostelschiff, in diesem Jahr auch gegenüber, am Restaurant Riogrande und warte, dass um 19.00 Uhr das Licht angeht. Nach 40 Minuten gab ich auf. Im Programmheft steht es, jaja, aber da sei auch das Festival of Lights-Team „einer Fehlinformation aufgelaufen“ (Facebook-Konversation). Die Lightships, die alle 30 Minuten vorbeikommen sorgen für die Beleuchtung. Ich sah nur, wie sie den Bogen bei der Durchfahrt beleuchteten und später dann aufs Universal Gebäude ein paar Briefmarkenbilder projizierten. Das lässt sich schlecht fotografieren, selbst wenn man wüsste, dass und was da kommt. Informationspolitik der Lichtfestplaner: konfus.

Die üblichen Verdächtigen: Unter den Linden

Enttäuscht blieb also das übliche. Nach Aussagen von Festival of Lights auf Facebook leuchten sie nur noch die Wahrzeichen aus – immer schön Unter den Linden entlang (wobei die Linden selbst im Grau der Baustellenbeleuchtung bleiben müssen). Was nicht heißt, dass dort alles läuft, wie es soll. An der Humboldt-Uni strahlten am ersten Samstag alle Fassaden in Orchideen und Kiefernwald, am Dienstag danach nur noch die Front und ein halber Seitenflügel… Gegenüber am Bebelplatz glänzt in diesem Jahr die Juristische Fakultät. Ich fand es toll! Vor allem das Motiv, das zwischen 21 und 22.30 Uhr in gelb-blauem Muster auf der Fassade liegt. Die Schwarzweiße Wörterstudie „Zwischenräume“ ist nicht mein Geschmack, begeisterte dennoch die Leute um mich herum.

Festival of Lights 2014 - Bebelplatz, Juristische Fakultät

Worauf man sich eigentlich immer verlassen kann: Kunterbunte Folien, die den Berliner Dom ein hübsches Kleidchen verpassen. Diese pinken Teerosen… als hätte jemand eine Couch aus einem englischen Landhaus abgezogen und auf unseren Dom geworfen. Wirklich hübsch. Eine andere Fassade, die zwar als rechteckige Projektionsfläche simpel erscheint, ist das Hotel de Rome am Bebelplatz. 10 verschiedene Motive. Unter anderem ein Nashornbild und der Elefant, der nach der Erdnuss taucht, haben die Massen um mich herum zu „Oh“s und „Toll“s verleitet. Ich finde sie zwar doof zu fotografieren aufgrund der langweiligen Form des Gebäudes, aber für Details sehr gut.

Jede Menge Fotos vom Festival of Lights 2014

Bewegte Bilder an Konzerthaus und Tor

Und dann ist da der Spaß mit den Videoprojektionen. In Lyon hatte mich das begeistert. Mit Musik und tollen Animationen… die Berliner Organisatoren waren scheinbar noch nie dort. Das Video, das alle 10 Minuten übers Tor flimmert, ist grafisch zwar gut auf den Körper des Tores abgestimmt, ergibt aber irgendwie keine Story. Flammen, Skelette, Balletttänzerinnen… die einzelnen Standmotive zwischen den Videoshows bestehen aus Motiven zum Mauerfall, Blumen und der Fußballweltmeisterschaft. Ich vermute, es muss gar keinen Sinn ergeben. Am benachbarten Adlon blieb in diesem Jahr übrigens das Licht aus, genauso wie am Schloss Charlottenburg.

Festival of Lights 2014 - Konzerthaus

Verständlicher erschien mir das Konzept am Konzerthaus auf dem Gendarmenmarkt. Während auf den beiden Domen nur Pastellfarben von einer Schattierung zur anderen huschten, hat man das Konzerthaus ordentlich in Szene gesetzt. Mit musikalischer Untermalung wird die Geschichte der letzten 100 Jahre des Hauses erzählt. Ein bisschen Mozart gibt es zu hören und auch zu sehen. Mich faszinieren ja immer die Details – die Löwen am Haupteingang zum Beispiel. Wenn dann noch ein goldener Glanz über die Fassade flammt – hach, das war schon wunderbar anzusehen!

Das Nebengeschäft

Wenn die Stadt mehr Touristen anzieht als sonst, kommen sie aus ihren Löchern: die spontanen Bierverkäufer, die überschwänglichen Bratwurst- und Brezelverkäufer, Gummikarren, Rikschas, Bierfahrräder, Segways, Lichtjogger und Pferdekutschen. An allen hängt mindestens ein Lichtschlauch… aber irgendwie auch schön. Ich sah sogar ein fahrendes Doppelbett, das leider zu schnell an mir vorübergeradelt wurde, um es zu fotografieren… natürlich die üblichen Velotaxen und Lichttaxis. Und dann ist da noch dieser Musiker. Am Bebelplatz trällert und klampft er vermutlich seit Anbeginn der Illuminationen allabendlich eigenes und bekannteres Liedgut. Macht eine tolle Stimmung und vermutlich das Geschäft des Jahres, der Typ.

Festival of Lights 2014 - Straßenmusiker

Fazit

Das, was per Folie auf eine Hauswand kam, war meist gut und auch die Videos mehr oder weniger kurzweilig. Ansonsten hat das Festival of Lights 2014 den Punkt erreicht, an dem es mehr als offensichtlich nur noch ums Geschäft geht. Jeder will mitmachen, jeder will es nach seinen Regeln machen. In die dunkle Röhre gucken die Berliner und die Besucher, wenn plötzlich die Hälfte der 70 beleuchteten Gebäude gar nicht leuchtet, weil die Veranstalter mit ihrer Splittung leider auch die Absprachen gesplittet haben und eindeutig zu viel daneben geht. Ich empfehle euch Lyon im Dezember – das ist koordiniert, das ist voll und touristisch, aber es ist verdammt gut gemacht!

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