Wie ich in Tromsö auf Nordlichtjagd einem Eisbären in die Fänge ging
bereist am:
One Vision

Wie ich in Tromsö auf Nordlichtjagd einem Eisbären in die Fänge ging

Er hatte einen roten Schal um, seine Frau dabei und einen Manager an der Seite. Seine vier Koffer wurden vom SAS-Mitarbeiter zum Mercedes gefahren, er selbst zog ganz brav das Handgepäck-Köfferchen hinter sich her. Dr. Brian May, Queen Gitarrist, großer Mann mit wuscheligem ergrauten Haar. Er macht wohl Urlaub am Polarkreis und landete zeitgleich in Tromsö. Eigentlich hätte der Start ins lange norwegische Wochenende nicht magischer starten können. Natürlich war ich zu schüchtern und habe kein Foto von Brian und mir verlangt. Auch sonst niemand. Der Mann hat auch mal Urlaub verdient. Andererseits hatte ich auch die leise Hoffnung, wir würden dann doch noch auf demselben Schiff enden und er wäre der Stargast auf der MS Polarlys und exklusiver Konzertpartner oder so… man wird ja noch träumen dürfen!

Der Beweis: Brian war mit mir in Norwegen!

Der Beweis: Brian war mit mir in Norwegen!

Erkundungen am Tromsöysund

Außerdem habe ich heute Nacht vom Polarlicht geträumt. Das kam wohl daher, dass ich gestern von einem Nordlichtposter zur nächsten Polarlichpostkarte gelaufen war. Alles grün! Und weiß. In Tromsö sind zwar nur 0 Grad, aber es liegt und fällt Schnee in reger Regelmäßigkeit, Eis gletschert auf den Gehwegen (zumindest vermutete ich welche unter der Eisschicht) und Zapfen drohen von Dachrinnen zu stürzen. Tromsö ist das Winterwonderland am Tromsöysund mit den buckeligen Brücken (damit die Schiffe durchfahren können) und der eisbergigen Eismeerkathedrale, die gar keine Kathedrale ist. Dafür stehen drei andere, hölzerne Kirchen im Ort herum, die sich sehr wohl Kathedralen nennen dürfen. Wir erfahren das alles von Karina aus Würzburg, die seit 1998 in Norwegen lebt und „das Guiden“ einfach liebt. Heute guided sie unser kleines Pressetrüppchen durch Tromsö = das Tor zum Eismeer und die Hauptstadt der Polarlichter.

Tromsoe Eismeerkathedrale

Spaziergang mit Karina durch Tromsö

Karina zeigt ein ausgemustertes Robbenfänger-Schiff, das zum Museum umgewandelt wurde, als das mit dem Robben jagen und erschlagen verboten wurde. Es steht gleich neben der Polaria-Erlebniswelt, einer kleinen Bart- und Seerobben-Station mit ein paar Aquarien und einem Kino, das alle Stunde einen Kurzfilm über das Polarlicht und die Fauna & Flora der Arktis zeigt. Hatte ich mir gestern bereits angesehen – zusammen mit ca. 100 ausflügelnden Rentnern eines Luxusdampfers, alle in roten Jäckchen zur Wiedererkennung. Süßes Deja vu…

Eisbärgeschichten in den Ölhallen

Viel interessanter waren jedoch das Polarmuseum und die Ølhallen (die Bierhalle) der Mack-Brauerei. Ich mag ja Eisbären (nein, das überrascht euch nicht). Meines bisherigen Wissens gilt Hammerfest als Eisbärenhauptstadt (Norwegens). Tromsö hat aber auch so seine Geschichte mit den weißen Petzen. Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts (also quasi kurz bevor ich geboren wurde) fing man Eisbärenbabys auf Spitzbergen ein und brachte sie nach Tromsö, einem der wichtigsten Nordmeerhäfen. Dort verkaufte man die Bären an Zoos in aller Welt und bekloppte Privatleute, die schon immer mal ein Raubtier als Haustier haben wollten. Man führte die Bären auf den Straßen Tromsös an der Leine spazieren!

Tromsö Eisbär an der Leine

Mit Eisbären kuscheln

Ich hab‘s nicht glauben wollen, als uns Karina das erzählte. Aber sie hat den Beweis gebracht: im Polarmuseum hängt ein Foto von 1947: Bärchen an Leine. Von all dem erzählte uns Karina im Schatten eines weißen Riesen mit aufgerissenem Maul und blitzenden Zähnen. Zum Glück ausgestopft. Er ist auch nicht der einzige seiner Spezies, die in der Ølhallen zur Deko dient. Dieser Riese hier ist noch nicht mal der größte. Auf der Wetterstation der Stadt soll es ein überragendes Exemplar geben. In eben diesem ältesten Pub der Stadt aber, zugehörig der nördlichsten Brauerei der Welt, handelten sie Eisbären und alles Mögliche. Eismeerbörse nannte man es. Das ehemalige Handelsgeschehen wird heute nur noch mit Memorabilia illustriert, aber es sind immer noch morgens um 10 Uhr bereits die ersten Biertrinker anwesend. Manche Traditionen sterben eben doch nicht aus.

Eisbär in der Ölhallen von Tromsö

Polarmuseum von Tromsö

Mehr Eisbärenfelle und vor allem Geschichte zu Spitzbergen (wo ich ja immer noch hin muss!) sieht man im Polarmuseum, inklusive einem Walrossskelett und zugehörigem Walrosspenis. Der ist vor allem deshalb wichtig, weil man mit eben einem solchen in Hammerfest zum Mitglied des königlichen Eisbärenclubs geadelt wird, was ich bekanntermaßen ebenfalls seit 7 Jahren anstrebe

Norwegen_walrosspenis

Das Polarmuseum ist mein klarer Favorit, wenn es um ein informatives Museum mit viel zu sehen geht. Die Ølhallen ist natürlich für Biertrinker attraktiver. Aber da wir im Dienst waren und um 11 Uhr vormittags auf Pressetrips in der Regel noch nicht gepichelt wird, eben nur die zweite Wahl bei der Stadterkundung. Abgesehen davon ist Norwegen noch immer das Land mit den höchsten Bierpreisen in Europa.

Polarlichtjagen in der Theorie

Ich lass mir zum Schwelgen noch ein bisschen von Karina übers Polarlichtjagen erzählen, während Tromsö zum fünften Mal an diesem Tag im Schneegestöber verschwindet. Ich will hier oben unbedingt Polarlichter sehen. Und fotografieren! Das ist zumindest die Vision, die ich von diesem Kurztrip habe. Karina bietet solche Touren an, wir machen so eine heute leider nicht mit. Bis zu 6 Stunden dauern solche Safaris, weil man bis zu 150 Kilometer ins Land fährt, die günstigsten Anbieter verlangen 100 Euro dafür. Inlands ist es lichtärmer, hat weniger Wolkenbewegung als die Küste und bei 6 Stunden gibt es natürlich auch mehr Wahrscheinlichkeit, überhaupt etwas zu sehen. Die Lichter werden klassifiziert nach ihrer Form als Schleier, Krone, Vorhang und Band. Wenn man Fotos davon sieht, weiß man es sofort zuzuordnen.

Norwegen Tromsö Karina

Karina zeigt mir noch ein paar Webseiten, die sich mit Vorhersagen für Polarlichter beschäftigen. „Hauen aber selten hin.“ Aha. Jedenfalls gab es am Tag vor Brian Mays und meiner Ankunft tolle Nordlichter – „vier Kronen!“. Mir bleibt nur der Blick in den schneestöbernden Himmel, sehe weder Hotel noch Eismeerkathedrale mehr durch die weiße Luft.

Hilsen fra Norge und bis morgen!
Claudi

Diese Recherchereise wurde freundlicherweise unterstützt von Hurtigruten

Stichworte: , , , , , , , ,