Im Reich der Feen von Skye
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Can't Get It Out Of My Head

Im Reich der Feen von Skye

Es war einmal eine neugierige Weltenbummlerin, die hatte die Welt von Nord nach Süd und von West nach Ost bereist. Märchenhafte Orte hatte sie gesehen, doch fragte sie sich, welcher Ort wohl der Himmel auf Erden sei. Éines Tages hörte sie in einem Traum die Stimme einer Fee. „Sky“, flüsterte das zarte Stimmchen dreimal.

Das Mädchen erwachte und dachte „Sky – der Himmel im Englischen? Was soll ich da?“ „Nicht dieser Himmel“, sprach die Fee im weißen Kleidchen zu dem verdutzt die Augen reibenden Mädchen. Im Schaukelstuhl auf- und abwippend sagte die Fee verschmitzt „The Isle of Skye! Suchtest du nicht nach dem Himmel auf Erden?“

Isle of Skye

Ermutigt begab sich die Weltenbummlerin auf die Reise ins ferne Land der Isle of Skye. In Schottland, ganz im Westen, da, wo die Schotten noch die alte Sprache sprechen, da soll das Eiland zu finden sein. Mit einem großen Schiff fährt sie zwischen Inseln und Inselchen hinüber. Schon von Weitem erblickt sie in der blendenden Mittagssonne ein grünes Bollwerk an der Nordwestspitze der Insel, in die Landschaft gebettet wie ein schlafender Riese. Trotternish nennt er sein Bett, es nimmt eine ganze Halbinsel ein. Das grüne Bett gefällt dem Mädchen und so besteigt es sein Gefährt und tuckert am Bett des Riesen Quiraing entlang. Auf seiner grünen Haut lagert allerhand Geröll und Heidekraut und kleine Wälder sind darauf gewachsen. Eine friedliche Landschaft, in der der Riese ebenso friedlich schläft.

Feenflagge von Dunvegan Castle

Hier und da huschen flinke Schatten über die grasigen Hügel und die kleinen Tümpel dazwischen. Der Himmel auf Erden erscheint geheimnisvoll. Und von Schafen bevölkert. Nach einiger Zeit kommt das Reisemädchen an ein trutziges Schloss. Das große schwarze Eisentor hat so hübsche Verzierungen, denkt es, hier muss ein Schöngeist wohnen! Sie gibt dem Wachmann 10 Pfund und betritt den Garten des Dunvegan Castle. Hohe Hecken weisen ihr den Weg zur alten Burg. In den Blättern raschelt der Wind. Das Herrenhaus scheint gut gepflegt und bewohnt. Der Chief des Clans der MacLeods soll hier leben, liest sie auf dem Schild im Foyer. Augenblicklich studiert sie die Ahnentafel auf der Suche nach Connor und Duncan, doch diese Schlossherren sind wohl keine Unsterblichen.

Dunvegan Castle - Isle of Skye

Dunvegan Castle – Isle of Skye


Von Zimmer zu Zimmer läuft sie und betrachtet die Clanchefs in ihren Kilts auf pompösen Gemälden. Sie folgt einer großen Treppe in die oberen Gemächer. Allerhand Sammelsurium haben die MacLeods hier versteckt, es scheint, als hätte sie eine Schatzkammer betreten. Mit einem glockenhellen Pling – und ist das Glitzer in der Luft? – schwebt sie plötzlich vor ihr. Eine Fee? „Wohin des Weges?“, flötet die zierliche kleine Frau mit dem flatternden weißen Kleidchen und den Blättern auf dem Kopf.

Verdutzt antwortet die Weltenbummlerin der Fee „Den Himmel auf Erden soll ich auf dieser Insel finden können. Wo ist er?“ Die Fee lächelt und nickt wissend. „Dies ist der Ort, an dem die MacLeods ihren Himmel und Frieden haben. Solange die Flagge unserer Feenkönigin hier ist, herrscht Ruhe und Frieden.“ Mit einer grazilen Geste weist die Elfe auf ein verblichenes gelbes Stoffstück an der Wand. Als das Mädchen näher herantritt, schwebt die Fee blitzschnell vor das Stoffstück, als müsse sie es beschützen. „Niemand darf die Feenflagge berühren! Dein Himmel muss woanders sein.“, sagt sie schnippisch und wirbelt um den Kopf der Weltenbummlerin herum. Aber wo dann? „Wenn es Flaggen gibt, die den Himmel versprechen, kann ich dann nicht meine eigene bekommen?“, fragt das Mädchen die Fee. „Ich weiß nicht. Die MacLeods erhielten ihre Flagge an der Brücke auf Waternish.“, zwinkert die Fee dem Mädchen zu, als sie bereits aus dem Schloss getreten sind und unter den großen Eichen des Anwesens plaudern.

Dunvegan Castle

Dunvegan Castle

Fairy Bridge Waternish

Und so macht sich das Reisemädchen erneut auf den Weg. Vorbei an Lochs und Schafen gelangt es zur Brücke der Feen, der Fairy Bridge, die am Eingang zur Halbinsel Waternish über einen unscheinbaren Bach führt. Der steinerne Brückenbogen liegt nur wenige Meter neben der Hauptstraße. Im Heidekraut des Uferhanges raschelt es, als sie sich zum Wasser hinunter begibt. Es ist heute so heiß, denkt sie, und der Bach sieht erfrischend aus. Als sie sich nach vorn beugt, einen Schluck Wasser aus dem Bach zu schöpfen, erklingt erneut ein Pling, wie sie es bereits im Castle gehört hatte.

„Wohin des Weges?“, hört sie eine feine Stimme fragen. Auf der Brücke hat eine weitere Fee Platz genommen und lächelt sie an. „Bist du die Feenkönigin?“, fragt das Mädchen. Leise kichernd sitzt die Fee auf der Brückenmauer. „Aber nein!“, lacht sie auf. „Die wohnt im Fairy Castle, das weiß doch jedes Kind!“, prustet sie heraus. So einfach lässt sich die Weltenbummlerin aber nicht abweisen. „Und eine Feenflagge hast du wohl auch nicht?“

Fee auf der Fairy Bridge

Fee auf der Fairy Bridge

Für einen Augenblick wird die Fee ernst und schaut in das rote Gesicht der Weltenbummlerin. Dann bricht sie erneut in Lachen aus und fällt von der Brücke. Sie bemerkt, dass das Mädchen über die Antwort gar nicht erfreut ist. Sie schwebt ihr entgegen: „Was willst du mit einer Flagge?“ „Die Fee im Dunvegan Castle sagte, wer die Flagge hat, hat den Himmel auf Erden.“ „Den Himmel auf Erden? Den suchst du?“ „Ja, er soll auf Skye sein.“ Wieder kichert die Fee verschmitzt. „Den Himmel findest du nicht mit einer Flagge. Du erkennst ihn, wenn du in den Pools schwimmst.“ „Pools?“ „Die Fairy Pools! Aber vorher stärke dich im Inn von Stein.“ Und mit einem Pling ist sie weg.

So reist die Weltenbummlerin weiter zum Ort Stein an der Loch Bay von Waternish. Bei einem zünftigen Haggis im ältesten Inn im ganzen Inselreich beschaut sie die Boote im kleinen Hafen und die wenigen, aber makellos weißen Häuser des Dorfes. Ein bisschen himmlisch ist all das durchaus, denkt sie sich. Doch sie muss das genau wissen und so hüpft sie wieder in ihr Gefährt und steuert frohen Mutes erst gen Süden, dann gen Osten und erneut gen Süden bis sie an einem Wegweiser gelangt, der den Weg zu den Fairy Pools weist.

Fairy Pools

Sie fährt vorüber an der schönen Brücke von Sligachan, die einen wilden Fluss am Fuße des Cuillin überspannt. Am Ort Glen Brittle begibt sich die vielgereiste Weltenbummlerin auf eine Wanderschaft, wie sie sie selten unternimmt. Vor ihr erheben sich die mächtigen Zacken des schlafenden schwarzen Drachen Cuillin. Seit Jahrtausend soll er hier schlafen. Niemand weiß, wann er erwacht. In seinem Schatten an einem kleinen Fluss liegen die Schwimmbecken der Feen. Im Schatten eines Ungeheuers soll der Himmel sein? Wie das Mädchen dem Weg neben dem Flusslauf durch hüfthohes Heidekraut und wiegende Gräser folgt, färbt sich der Rücken des Drachen in wärmeres Braun, grüne Flecken treten im Sonnenlicht hervor. Der Himmel darüber ist blau und heiter. Vielleicht ist es kein böser Drachen? Der Fluss ist lang und immer wieder stürzt er über einen Wasserfall in ein Becken. Die Fairy Pools! Doch wo sind die Feen?

Als sie sich nach einer Stunde des Wanderns erschöpft an eines der Becken setzt und in den Himmel schaut, fühlt sich die Reisende schon sehr wie in himmlischen Gefilden. Und während sie die Augen schließt, um dem beruhigenden Plätschern des Wassers zu lauschen, hört sie zum dritten Mal ein Pling. Eine weitere Fee. Sie schwimmt im Wasser, das ihr selbst viel zu kalt zum Baden war. Lächelnd kommt die Fee zum Ufer geschwommen. „Wohin des Weges?“, fragt auch sie. „Nirgendwohin. Ich bin im Himmel auf Erden“, ist sich das Mädchen sicher. „Hast du ihn dir so vorgestellt?“, fragt die Elfe. „Ich hatte keine Vorstellung“, sagt das Mädchen.

Fairy Pool

Feen baden im Fairy Pool

„Und was, wenn er es gar nicht ist?“, fragt die Fee neckisch. „Mit Gewissheit kann das nur die Königin wissen.“, erklärt die Fee ganz gelassen. „Sie wohnt in ihrem Schloss im Fairy Glen“, raunt eine zweite Fee aus der blühenden Heide am Ufer. Der Blick auf den schlafenden Drachen verdunkelt sich, Wolken ziehen auf. Das Mädchen muss sich beeilen, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Sie wirft einen letzten Blick auf den in Sturmwolken gehüllten schlafenden Drachen. Nein er scheint genauso fest zu schlafen wie der Riese.

Fee an den Fairy Pools

Fee an den Fairy Pools


Abends am Neist Point

Bei Miss Ocean unweit des westlichsten Zipfels der Insel schlägt sie ihr Nachtlager auf, beschützt von Hund und Katz. Den Sonnenuntergang an den Klippen des Neist Point lässt sie sich nicht entgehen und fühlt sich ein weiteres Mal dem Himmel so nah. Miss Ocean ist alt und weise und ein bisschen alternativ angehaucht. Sie kennt die Welt der Feen. Zum schlafenden Riesen Quiraing solle sie morgen gleich in der Früh fahren, in seinem grünen Bett Trotternish läge das Tal der Feen und das Schloss der Königin.

Am nächsten Tag bricht die Weltenbummlerin erneut auf. Zum Abschied hatte ihr Miss Ocean eine Muschel geschenkt, sie würde sie noch gebrauchen können, hatte die Alte gemunkelt. Das Reisemädchen fährt gut gelaunt über die Isle of Skye: von Süd gen Nord, von West gen Ost, die Zacken des Cuillin immer im Blick, bis sie schließlich wieder am Bett des Riesen Quiraing ankommt. Die Furchen in seiner Bettdecke kommen ihr vor wie Wege. Sie biegt ab, wie von Miss Ocean beschrieben.

Der falsche Fairy Glen

Am Ende des Weges angelangt, sucht sie nach dem Schloss der Feenkönigin. Doch nichts ist zu sehen. Sie kehrt um und hält an einer roten Telefonzelle, denn auch wenn sie das Pling nicht gehört hat, es hat definitiv etwas in der Luft geglitzert. Eine Fee lugt neben der Telefonzelle hervor. „Ist das der Fairy Glen?“, fragt die Weltenbummlerin. „Nein“, kichert die Fee. „Zum Fairy Glen musst du ganzen Weg zurück und dann weiter zum Wald hin wieder abbiegen“, erklärt sie grinsend den Weg.

Telefonzelle im falschen Glen

Telefonzelle im falschen Glen

Der richtige Fairy Glen

So düst die Reisende aus dem falschen Tal heraus und in das nächste Tal hinein. Die Landschaft ist augenblicklich anders. Wie von Zauberhand geformte, perfekte grüne Kegelberge reihen sich links und rechts der Straße. Am Ende des Weges muss sie einige Schritte gehen, bevor sie hinter einem großen Hügel das Schloss der Feenkönigin erblickt. Noch bevor sie sich zum Aufstieg begeben kann, erscheint mit einem weiteren Pling – warum können die das nicht leise? – die nächste Fee. „Willst du das Labyrinth begehen, musst du ein Geschenk hergeben.“, sagt sie mit mächtiger Stimme. Dunkle Wolken ziehen schon wieder auf. Das Labyrinth? Das hatte das Mädchen noch gar nicht gesehen.

Labyrinth im Fairy Glen

Labyrinth im Fairy Glen

„Warum muss ich das Labyrinth begehen? Ich will doch nur zur Königin.“, ruft das Mädchen der Fee zu, die über ihr schwebt. „Nur wer das Labyrinth meistert und ein Geschenk bringt, darf zur Königin. Dann hast du auch einen Wunsch frei.“ Was diese Feen alles verlangen! Angespannt greift die Weltenbummlerin zu der Muschel, die ihr Miss Ocean geschenkt hatte. Sie geht das mit Steinen im Gras ausgelegte Labyrinth in Spiralform ab und legt im Zentrum die Muschel ab. Auf dem Weg hat sie beschlossen, sich den Himmel auf Erden zu wünschen.

Fairy Castle

Die Fee war lautlos verschwunden. Und so marschiert die tapfere Weltenbummlerin auf die Burg aus Fels, Moos und Gras – das Fairy Castle – zu. Keine Stufen, nur abgewetzte, mit Erde verschlammte Steine führen nach oben. Aber der Weg gelingt ihr und zwischen den erdigen Mauern des Schlosses abgestützt, stemmt sie sich schließlich zur Spitze. Ohne Pling und Glitzer steht sie schon da: Die Königin der Feen. Sie trägt eine Blume im Blätterhaar und lächelt ihrer Besucherin entgegen. „Willkommen im Fairy Castle. Was hast du dir gewünscht? Ich werde deinen Wunsch gern erfüllen.“

Fairy Castle

Fairy Castle

„Den Himmel auf Erden möchte ich sehen“, sagt die Weltenbummlerin, erleichter, dass sie endlich bei der richtigen Fee angelangt ist. Höhnisches Lachen dröhnt aus dem lieblichen Gesicht der Königin, die die Hände zum Himmel reckt und die Regenwolken noch ein bisschen tiefer zu ziehen scheint. „DAS ist der Himmel auf Erden!“, lacht sie schallend. Nein, das kann nicht sein, das will die Weltenbummlerin nicht glauben. Tiefe Wolken kann sie auch woanders sehen. „Warum ausgerechnet auf Skye?!“ „Weil Skye genau das heißt: die Insel der Nebel und Wolken!“

„Hast du nicht Ruhe und Frieden auf deiner Reise über die Insel gefunden?“, fragt die Feenkönigin die enttäuschte Weltenbummlerin. „Hast du nicht himmlische Landschaften gesehen und ihren Anblick genossen?“ Doch, doch, das hatte sie wohl. Vermutlich hatte sie zuviel erwartet und dabei völlig übersehen, wie himmlisch ruhig und schön die Insel Skye doch war. Ein Himmel auf Erden ist sie sicher. vor allem ein Himmel für neckische Feen ;)

Und die Moral von der Geschicht‘: Trau niemals dem Wortwitz einer Fee im Traume nicht!

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