Honduras: Besuch auf einer Kaffeefarm inkl. Verkostung
Wir schweben über Bananen. Palmen. Bananen. Irgendwas anderes. Wieder Bananen. Dann landen wir. In der nicht sprichwörtlichen, sondern ursprünglichen Bananenrepublik. Und in der gefährlichsten Stadt der Welt! San Pedro Sula weist eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit auf, die hauptsächlich auf Bandenkriege zurückgeht, habe ich gelesen. Aus dem privaten Minibus zur Innenstadt kommt es einem recht freundlich vor, sogar einen Grünstreifen mit pinken Bougainvillea hat man angelegt. Gefährlich finde ich eher die Hitze. Irgendwie doch noch mal eine Schippe auf die guatemaltekischen Temperaturen drauf.
Überlegungen vor Reise: Wie gefährlich ist ein Urlaub in Honduras?
Erster Stop: Frühstück mit Honduras-Kaffee
Fürs Frühstück steuert Reiseleiterin Hattie erst einmal eine Ansammlung von Baleada-Ständen im Zentrum an – man verzichtet morgens um 8 aber dann doch auf Bohnenbrei und Tortillas. Auch auf Würstchen und Grillfleisch. Als wir wieder in den Minibus steigen, fallen mir an den Geschäften gegenüber (Bank und Apotheke) die bewaffneten Herren auf. Gleiches auch vor dem Restaurant einer Kaffee-Kette, die mir den Vormittag rettet. Maschinengewehre. An den Anblick muss man sich gewöhnen und nie vergessen: das ist zu meinem eigenen Schutz.
Next Stop: Kaffeefarm
Wovor uns keiner schützen kann, sind die Straßen von Honduras und Carlos’ Fahrstil. Wir schlagen Haken wie die Hasen, es geht im Stop-and-Go irgendwie doch vorwärts, um uns grüne Wälder, ferne Berge und die nicht immer betonierte Piste. Nach drei Stunden entsteigen wir gut durchgeschüttelt in der Mittagsglut unserem metallenen Gefährt auf der Santa Isabel Farm der Familie Welchez.
„Es duftet ein bisschen wie Jasmin, oder?“ fragt Edgar nach unserer Meinung. Aber ja, betörend süßlich duftet es hier auf der Farm und das obwohl direkt vor uns ein Traktor Diesel auspustet. Starker Kaffee also, denk ich mir, während wir im Kaffeeberg immer höher tuckern, 950 Höhenmeter. Die Aussicht ist etwas diesig, aber da drüben ist schon Guatemala. Es musste ja dazugehören, das Kaffee-Plantagen-Begucken-und-Verkosten. Das Bild von dunkelgrün glänzenden Blättern und weißen Blütenreihen brennt sich in mein Hirn – starke Sonne und starker Blütenduft helfen wohl auch ein bisschen dabei.
Kaffee-Ernte und andere Theorien
Es sind wenige Arbeiter an den Hängen zu sehen. „Die Ernte ist schon vorbei. Die Saison ist von November bis Februar, März.“ erklärt Eddie diesen Umstand. Er selbst ist fest angestellt und macht die Führungen für Touristen, weil er von allen auf der Farm am besten Englisch spricht. Die Pflücker werden nur saisonal eingestellt. Aber trotz dass gerade keine Kaffeekirschen an den Sträuchern reifen, nutzt Eddie die Runde auf dem Traktor für allerlei Erzählungen. Zum Beispiel, dass man hier nach Rainforest Alliance-Kriterien anbaue. Oder auch, dass es mit dem Kaffee in Honduras ist wie mit den Bananen: Jemand brachte die Sträucher her, weil er Absatzmärkte sah und einfache Produktionsbedingungen vorfand. Bis dahin hatten die Völker Mittelamerikas nur Kakao angebaut. Das Besondere an diesem Hochlandkaffee jedenfalls ist, dass er nicht nur durch die Höhe, sondern auch durch die Schatten werfenden Bäume, die hier überall zwischen den Arabica-Pflanzen wachsen, langsamer reift. „Wenn Kaffee länger zum Reifen braucht, kann er länger Geschmacksträger und Mineralien aufnehmen und bringt somit bessere Qualität.“
Der Regenwald im Kaffeeberg
Zu den Kriterien einer nachhaltig wirtschaftenden Kaffeeplantage gehört auch, dass ein Teil der Farm als reiner Wald ausgewiesen werden muss. Durch die 15% Regenwald führt uns Edgar auf einem kleinen Pfad, über Hängebrücken und durch Schmetterlingschwärme zu einem Baumhaus. Natürlich gibt es zum traditionellen Lunch auch einen hauseigenen Espresso. Die Zikaden sägen schon wieder am Wald, Vögel der Bezeichnung Oropendola unterhalten sich lautstark von Baum zu Baum – wo ist die Hängematte, wenn ich sie brauche?
Der Weg der Bohne
Statt abhängen gehen wir weiter hangabwärts – den Weg der Kaffeebohnen. Von der Kirsche bis zur gerösteten Bohne zeigt uns Eddie, wo die gesammelten Kirschen durch riesige Trichter in Becken wandern, in denen sie in gute und schlechte getrennt werden und wie sie mit Wasser versetzt 14 Stunden lang fermentieren, um das Fruchtfleisch restlos vom Böhnchenpaar trennen zu können. Und wie sie dann getrocknet und geröstet und ein weiteres Mal von Hand sortiert werden. Der Weg ist lang, es steckt unweigerlich erkennbar ein langer und aufwendiger Prozess in jeder einzelnen Bohne und jedem Tässchen Kaffee.
Kaffeeverkostung mit ruckartigem Schlürf
Umso mehr freuen wir uns nach 3,5 Stunden aus der Sommerschwüle zu entkommen und endlich zum Wesentlichen zu kommen, als der Barista der Farm uns in den Verkostungsraum führt und drei verschiedene Röststufen aufbrüht. Ich kann ja Kaffee nicht ohne gleichen Anteil Milch vertragen. Ehrlich, ich schmecke da wenig Unterschied (geht mir bei Wein nicht viel anders, meine Geschmacksrichtungen werden immer nur “schmeckt gut” und „schmeckt nicht“ bleiben). Außer den einen: zu bitter = stark.
Es kosten also andere Führungsteilnehmer und geben alles, dem Barista das ruckartige ansaugende Schlürfen gleichzutun ohne sich dabei zu verschlucken. (In einer stillen Ecke im Hotel hab ich das mal mit Saft versucht – ich kann es nicht!) Jedenfalls muss der Kaffee nach dem Brühen (max. 94 °C) nicht länger als 4 Minuten ziehen, dann ist er genießbar. Und der ist es, das rieche ich! Nicht mehr Jasmin, sondern herrlich kaffee-iger Kaffee und viel intensiver als die Melitta-Tüten, aus deren Inhalt ich mir für gewöhnlich Zuhause nach dem Öffnen eine Line ziehe. Und wie schmeckt er? „Ja, den starken kann man gern empfehlen.“ befindet die Kollegin und Edgar strahlt stolz in die Kamera.
Hacienda-Abend mit Aussicht
Als ich am Abend dann nur eine halbe Stunde von der Welchez-Kaffeefarm entfernt auf der Hacienda San Lucas zum Sun Downer am Cola-Glas nippe, frag ich mich, wie viel von dem Grün da drüben in den Bergen wohl eine Kaffeeplantage ist. Honduras exportiert ja einiges davon…
Weiter unten, in Flussnähe guckt einer der Copan-Tempel aus dem Blätterdach. Die grünen Berge färben sich allmählich ins Kaffeeschwarz, die Sonne verkriecht sich hinter den Wolken. Morgen dann also: Copan. Es wird ja wohl starken Kaffee zum Frühstück geben.
Diese Recherchereise wird unterstützt von Visit Centroamérica. Vielen Dank dafür!
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