Wie ich noch mehr Kanadiern auf den Kuchenzahn fühlte
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Sweet Victory

Wie ich noch mehr Kanadiern auf den Kuchenzahn fühlte

Auf dem Weg zum nächsten Campingplatz, und den Indianern von Lennox Island, knallte es bekanntlich in der Kurve. Der Kühlschrankinhalt hatte sich Zugang zum Wohnküchenbereich des Campers verschafft. Darunter auch die übrigen vier Donuts aus dem Six-Pack. Wir konnten den Verlust erst nach Verlassen PEIs wieder gutmachen und unseren Schmalzkringel-Vorrat aufstocken, um das Experiment weiterzuführen.

An diesem Tag wollte ich eigentlich Paragliden gehen. Aber der Anbieter ist weder am Ort noch per Telefon auffindbar. Ich träume also nur von Luftsegeln und gleichzeitig Donut essen, da rumpelt der Camper bereits einen kleinen Weg zu den Five Islands hinunter. Nagut, es ist nur der Weg zu einem Lookout. Die Inseln selbst sind nicht per Straße erreichbar. Am Leuchtturm schauen wir auf die fünf Buckel der Inseln und Inselchen in der Bay of Fundy, schön in einer Reihe. Eins der Eilande hat ein Loch im Fundament, das man nur bei Ebbe sieht, daher ist der Stopp hier sehr beliebt.

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Five Islands Lighthouse

Das Lighthouse selbst ist schnell erklommen – wie gesagt, alle recht ähnlichen Baus und sehr gedrungen. Von Innen wie Außen aus Holz, stelle ich fest. Über zwei fast aufrechte Treppen geht es zum ersten und zweiten Stockwerk, letzteres ist natürlich die Aussichtsplattform. Ein kleiner Rundgang, immer um die dicke Glaslinse herum. Es ist Mittag, die Sonne brennt, im Schatten des roten Turmhäubchens ist das alles sehr erträglich und angenehm. Unten im Erdgeschoss sitzt unter der Treppe Andrew, der Leuchtturmwärter, eingefercht hinter seinem Schreibtisch. Er ist kein Wärter, mehr ein Reiseführer, der ein bisschen was zum Turm erzählen kann. Zum Beispiel, dass dieser hier wirklich schon 100 Jahre alt ist. Oder auch, dass drüben auf einer der fünf Inseln ein kleines Luxus-Resort stationiert ist.

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Andrew, der Leuchtturm-Guide

Ich frage ihn, nachdem ich mir am Camper die Packung Donuts und meine Kamera geholt habe, was er von diesem Gerücht um die bedingungslose Donut-Liebe der Kanadier denkt. Andrews Lachen quillt über den Schreibtisch, er findet die Idee witzig, aber gehört hat er davon noch nie. „Also, magst du einen?“ frage ich und fühl mich schon etwas kriminell, dem Offensichtlichen auch noch Zunder zu geben. „Gerne“ sagt Andrew und greift zur besten Wahl: dem Double Chocolate Dip. Ich musste ihm dann noch eine ganze Staffel „How I Met Your Mother“ nacherzählen, damit er das einordnen konnte. Er genoss sichtlich die Unterhaltung mit Süßigkeit dazu. Was er lieber isst als Donuts, frag ich noch. „Mir fällt nichts besseres ein.“ grinst er mit kleinem Schokobärtchen zurück. Ich bedanke mich bei Kandidat 3 und rausche weiter.

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Todd, Christy und Janett

Nr. 4 taucht einige Tage später auf. Er ist im Winter als Hummerfischer unterwegs, im Sommer fährt er Touristen auf Walsafari. Steuermann Todd lebt am Digby Neck. Wir laufen von Long Island mit einem 30-Mann-Boot aus. Draußen in der Bay of Fundy steuert er uns behutsam an der Walfamilie entlang… aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls sind Todd und die beiden Tourführerinnen beim Anlegen arg skeptisch als ich ihnen mein Donut-Anliegen vortrage. Ich versuche auf der obersten Stufe des Ausstiegs stehenzubleiben, um größer zu wirken als ein Kleinkind. Vielleicht nehmen sie mich dann ja ernst? Christy ist eine drahtige, schon etwas angegraute Blondine und zertrümmert meine Donut-Galerie-Träume: „ich kann definitiv widerstehen. Die Dinger sind leere Nährwerte.“ Damit hätte ich rechnen müssen. Auch ihre Kollegin Janett findet die Idee zwar witzig, aber mag grad lieber Muffins. Sie müssten hier noch Festmachen und Boot parken, kommen in 10 Minuten zum Parkplatz.

Ich kann warten! Mit der Kiste Donuts in der Hand laure ich ihnen auf. Alle drei scheinen bei meinem Anblick bereits zu tuscheln „die Irre ist immer noch da.“ Also, nochmal, wer möchte ein Foto beim Donut-Essen machen und mir dann sein wahres Lieblingsessen verraten? Captain Todd hat nach einer Erörterung, ob das nicht eher die Cops sind, die immer Donuts essen, dann doch Erbarmen, wirklich Erbarmen, und greift in die Donutkiste. Nicht ohne über den Zuckerguss zu meckern, „natur sind sie mir lieber.“ Ich kann nicht für alles sorgen. Er beißt zu, ich würde sagen, als müsste er jetzt gequält gucken, weil er es eigentlich mag. „Barbecue wäre jetzt gut. Und ein Bier.“ Ich würde auch gern in eine Scheibe Fleisch beißen, bedanke mich aber brav bei den 3 Leuten, die widerstehen wollten und konnten. Und ziehe meines Weges.

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Vielleicht doch in einer Filiale mal „eine Runde für alle“ ausgeben? Nicht meine Art!

David, der sichere Kandidat

Ich behalte mir den letzten Donut für den vorletzten Tag auf, denn ein Esser, da war ich mir sicher, würde der Fraserway-Mann sein, der uns bereits vom Hotel zur Truck-Station abgeholt hatte und auch nach Rückgabe des Campers wieder nach Halifax fahren würde. David! David erzählte wie ein Wasserfall, witzig und unaufhaltbar. Er hat schon viele Deutsche in seinem Leben ertragen, er würde den Spaß mitmachen. Und das tat er auch. Er nahm anstandslos, was noch übrig war: ein Honey Dip. Biss genüsslich hinein und konnte noch vollen Mundes ein „aber nur von Timis“ schmatzen, dann stopfte er nach, ging zu seiner Autotür, stieg ein, stopfte den letzten Bissen rein und ließ den Motor an. „Vielen Dank“ sagt er, leckte sich alle zehn Finger demonstrativ einzeln ab „und jetzt nach Halifax.“ Ja, jetzt ein wenig relaxen, das finde ich auch und erkläre das Experiment für beendet.

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Fazit

Ich bin eine feige Sau und kein investigativer Journalist. Und was die Donuts angeht, haben die Kanadier vor allem ein Vorurteil bewiesen: sie sind unglaublich freundlich und können einem blöd grinsenden Touri kaum etwas abschlagen. Übermäßige Donut-Liebe würde ich ihnen dennoch nicht attestieren.

Muffin

Jemand hat auf jeden Fall noch einen Muffin bekommen!

Dies ist keine Werbung für die kanadische Donut-Kette, ich wurde von niemanden dazu angestiftet oder bezahlt und ärgere mich selbst etwas, dass ich das vorher nicht als Kooperation geplant habe. Es gibt in Kanada auch Filialen von Dunkin Donuts und Robin’s.

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