Wie ich auf einem Fjord  in Norwegen den Polarkreis überfuhr
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Arctic Circle

Wie ich auf einem Fjord in Norwegen den Polarkreis überfuhr

Der Frühstücksraum mit zwei Busladungen deutschem Mittel- bis Hochalter verrät einiges über den typischen Norwegenreisenden oberhalb des Polarkreises. Sicher, die ganzen Familien und Auslandsangler sieht man da nicht, die hocken um die Zeit in ihrem Wohnwagen und brühen sich löslichen Nescafe auf. Apropos Kaffee: Der Durchschnittsnorweger trinkt täglich einen halben Liter braunes Heißgetränk und ersäuft sich so den dritten Platz in der Weltrangliste der Kaffeetrinker. Nach unserem Morgenkaffee geht es wieder auf die KV 17 und zurück in die grünen Berge mit den weißen Schleiern oben auf und dem grauen Band unten dran. Von Mo-i-Rana sehen wir nichts weiter, dafür eine Kirkeby-Installation auf einem Berg – man nennt es Skulpturenlandschaft.

Per Boot über den Polarkreis

Mit Miss Sibella über den Polarkreis

Am Fährhafen von Hilstad wartet mal keine Fähre, sondern Miss Sibella, das Boot von Kapitän Albert Hilstad (ja, wie die Stadt), der uns von 66°30‘ nach 66°33‘ bringen soll: dem Polarkreis. Wir shippern durch den Melfjord, schauen auf Berge, Wolken, Wasser – alles in gewissen Grautönen. Gelegentlich plätschert ein Wasserfall den Hang hinunter, denn oben auf den Bergen, die wir nicht sehen, lagert das „schwarze Eis“ vom Svartisen-Gletscher. Kapitän Albert ist ein heiterer alter Mann, spricht gebrochen, aber alles Mögliche. Er flirtet mit dem Main-Echo, genauso wie mit den Rentnerinnen. Die provozieren den älteren Herrn schließlich zum Hoppelfahren. „Der rasende Albert dreht ganz schön auf“, kommt aus demselben unstopbaren Plappermaul wie die Selbsteinsicht „wie de klaane Kinner!“

Norwegen Polarkreis Globus

Grundlagen-Geografie: Polarkreis

Wie die kleinen Kinder lernen dann auch alle am geplanten Stopp, dass der Polarkreis bei 66 Grad Nord und 33 Minuten liegt. Er hat auch noch Sekunden, aber das wäre nun echt übertrieben. Die Grade und Minuten waren wirr genug für die meisten Reisejournalisten und lang erfahrenen Journalisten! Peinlich für die Zunft. Und peinlich, wenn sie dann noch nicht mal der Erklärung lauschen. Kleine Kinder halt. Nachdem sich alle im Regen vor dem stählernen Globusgestell am Ufer mal fotografiert haben und der Polarkreis überfahren ist, kann dann noch ein Blick auf einen der Gletscherarme des Svartisen geworfen werden. Der kommt vom Berg an dieser Stelle zwar nicht bis zum Wasser herunter, aber in der Ferne kann man etwas hellblaues Eis erkennen. Albert schwärmt, dass man in einer halben Stunde hochkraxeln und durch bizarre Farb- und Glitzerwelten der Spalten herumklettern kann. Er macht sowas allein, alle anderen sollten niemals ohne Führer da rein!

Norwegen Svartisen-Gletscher

Kaffeestop in Halsa

Wir gehen nicht ins Blaue, bleiben auf dem Grauen und gehen bei Halsa wieder auf die Erde. Halsa! Der mysteriöse Ort fern von Bodö und nur mit einem Bus von dort einmal am Tag erreichbar. Ort ohne Wiederkehr nannte ich ihn vor 4 Jahren. Nun war ich da. Zum italienischen Lunch in einer Kafeteria mit Kaffee und Kuchen dazu. Städte bestehen hier auch schon aus zwei Hütten. Halsa hat ungefähr 5, plus Cafe, Vinmonopol und Supermarkt. Länger muss man nicht bleiben. Ich weiß immer noch nicht, wo dort eine Band hätte aufspielen sollen!


Fotos: Nordnorwegen

Norwegen im Juli oberhalb des Polarkreises: dreh die Heizung auf!

Ich lasse den Teil der Tour durch Wasserkraftwerks-Dörfer und Düngemittelfabriken oberhalb des Polarkreises aus. Man kam jedenfalls in Örnes an, wo die Leute mal eben den Fjord aufschütteten, um ein altes Hotel zu versetzen. Heute ist das alte Hotel eine Art Kulturhaus, Norweger sind da klüngelnder als wir und nehmen Diaabende oder Töpferkurse lieber an. Von Örnes auf eine weitere Fähre und zum Motell von Ole Kristofferson. Der hat an einem hübschen Fjord ein paar rote Häuschen aufgestellt, die Heizung unanständig hochgedreht und für uns reserviert.

Neben den Fjordbua betreibt der lustige runde Herr Ole ein Restaurant, das gern von sämtlichen Fjordanwohnern angesteuert wird, weil es eine Terrasse hat! Ole serviert uns das Sonntagsessen der Norweger an einem Samstagabend: gedünstete Lachsforelle (kalt) mit Kartoffeln, Gurkensalat und Römme (süß)! Bis auf ein paar Angstmomente mit Gräten im Mund war das sogar richtig lecker. Das Alkoholgelage danach habe ich übersprungen. Trotz Mittsommernachtshelle kreiselte ich mich „zeitig“ um Mitternacht ins Bettchen. Solche Mammutprogramme schlauchen eben.

Hilsen! Claudi

Diese Recherchereise wurde unterstützt von Visit Norway. Herzlichen Dank dafür!

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