Alles toll dank Prince Edwards Knolle
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Alles toll dank Prince Edwards Knolle

Von Prince Edward Island (PEI) habe ich einiges mehr erwartet. Manches ging schief, anderes kam anders als erwartet. Und doch habe ich Dinge gesehen, von denen ich nicht einmal in der kühnsten Erwartungshaltung fantasiert hätte! Es zeigt sich mal wieder: Man muss sich einfach den Dingen ergeben, die man eh nicht ändern kann.

Campingplatz mit Zugang zum roten Ostsee-Strand auf Prince Edward Island

Campingplatz mit Zugang zum roten Ostsee-Strand auf Prince Edward Island

Sagen wir mal so, Ostseeurlaub habe ich zuletzt 1999 gemacht. PEI scheint die Ostseeküste der Kanadier und Oststaatenamerikaner zu sein. Den besten Lobster soll man hier bekommen, aber ich bin ja nicht so „im Seefutter“. Mach ich im Laufe der Reise aber noch! Daher verschmähen wir vorerst die Kost, fahren aber dennoch zur Küste. Da sprießen die Leuchttürme. Im immer gleichen Muster – viereckiger Grundriss, nach oben verjüngend, nicht sehr hoch, mit Holzpanelen eingeschalt und weiß gestrichen. Rotes Käppchen übers Glasfenster und fertig ist die Laube. Hat durchaus Charme.

Leuchtturm auf Prince Edward Island

Leuchtturm auf Prince Edward Island

Das Inselchen, das auch eine ganze Provinz Kanadas bildet, ist nicht sonderlich groß, wir kurven die Hälfte in 2 Tagen ab. Der Himmel oben drüber ist vor allem nachts spektakulär, weil zum einen sich hier A–Hörnchen und B-Hörnchen „Gute Nacht“ sagen und es stockdunkel ist und zum anderen die Perseiden gerade übers Himmelszelt pilgern. Fürs Fotografieren sehr gute Voraussetzungen!

Nachthimmel

Was also tun in PEI, wenn man frieriger Tourist ist und nicht im Atlantik baden möchte? Cameron vom KOA-Campground in Cornwall schlägt uns vor, nach Charlottetown zu fahren und dort entweder eine Tour durch die Käse- und Süßwaren Fabrik zu machen (bunte Kuh im Logo) oder auf eine Brauerei-Tour (Bia mog i net!) zu gehen, oder das Gebäude anzugucken, in dem die kanadische Konföderation gegründet wurde. Letzteres hätte mich interessiert, aber mit Camper in die Innenstadt kurven, macht keinen Spaß.

Wie ist es denn mit Indianern? Lennox Island hat ein First Nation Reservat. Also auf zu den Mikmaq, von denen Cameron nur wusste, dass es dort „dirty“ sein soll… Bei Ankunft auf der Insel: bilinguale Straßenschilder. Beim Aussteigen am Ecotourism Center: angriffslustiger Mückenschwarm.

Stop auf Mikmaq, Lennox Island, PEI

Stop auf Mikmaq, Lennox Island, PEI

Es soll laut Internet einen kleinen Pfad geben, auf denen einem ein Guide des Dorfes die Heilpflanzen der Mikmaq erklärt. Will ich machen! Doch im Ecotourism Center findet gerade eine Gesundheitstagung statt, im Souvenirshop erfährt man auch nicht viel. Wir finden den Pfad auch so, den Pfad der Vorfahren. Schnell noch von Kopf bis Fuß mit Nobite einsprühen? Warum nicht?! Das lagert im Camper bei Shampoo und Seife im Badschrank.

Und dann macht man die Campertür auf und wird gewahr, dass jemand den Kühlschrank nicht kurvensicher verschlossen hat. „Das war also der Knall.“ Jap, das waren die restlichen Fleischbällchen in Tomatensauce, samt Topf und Deckel, dazu ein bisschen Joghurt – gut, dass der Wagen so schmal ist, sodass man eh nur einen halben Quadratmeter maximal einsauen kann.

Küchenchaos im Camper

Kleines Küchenchaos im Camper

Aufwischen, einsprühen, und rauf auf den Pfad. Grün ist es! Das Leben surrt um uns herum. Es surrt nah am Ohr. Sehr nah. Innerhalb von Sekunden sitzen uns Moskitoschwärme auf den Schultern, die uns alle auf einmal sagen wollen, dass wir hier nicht hingehören und Nobite lecker riecht. Wir schaffen ganze 50 Meter in das grüne Dickicht vorzudringen, bevor wir schreiend in die Flucht geschlagen werden. Warum hatten wir keine Skimasken dabei?!

Man sieht sie kaum - aber hier schwebt eine Wolke Moskitos

Man sieht sie kaum – aber hier schwebt eine Wolke Moskitos

Wir geben lachend über die eigene Feigheit auf und trollen uns von der Insel. Mit „dirty“ meinte Cameron vielleicht die nicht ganz so stolzen Anwesen der Anwohner, Gerümpel statt gepflegter Rasen im Vorgarten, die Häuser mehr Baracken als Paläste, aber eine hübsche gelbe Kirche steht in der Mitte – die Mikmaq haben ihre Spiritualität übrigens mit dem christlichen Glauben zusammengelegt.

Lennox Islands First Nation Straßenschilder

Lennox Islands First Nation hat ein paar sehr treffend benannte Straßenschilder

Nach diesem wenig Erkenntnis bringenden Ausflug zu den Ureinwohnern musste etwas Erbauliches her! Nur ein paar Kilometer westlich von Woodstock und nördlich von Alaska liegt das beschauliche O’Leary. Ich habe nicht zu träumen gewagt, dass ich je an einer überdimensionalen Kartoffel stehen werde! Das absurde Fiberglasteil sieht zwar mehr wie ein Döner aus, aber es steht ja zum Glück drüber, dass das hier das Kartoffelmuseum Kanadas ist und die Knolle vorm Eingang sicher die weltgrößte auf Erden.

Das Kanadische Kartoffelmuseum auf Prince Edward Island

Das Kanadische Kartoffelmuseum auf Prince Edward Island

Kartoffelessen im Kartoffelmuseum von Prince Edward Island

Kartoffelessen im Kartoffelmuseum von Prince Edward Island

An dieser Stelle beschließen wir, das Ganze in seiner Trashigkeit amüsiert mitzunehmen. Urkomisch! Wir haben einigen Rentnern mit der Fotoaktion vor der Riesenknolle den Tag versüßt. Im Souvenirshop dann noch sinnfreie Kartoffelpostkarten ergattert und anstatt einen Rundgang durch die Geschichte der Kartoffel zu machen (das würde meinen Glauben in die Kartoffelgeschichte Südamerikas erschüttern), setzen wir uns in die Cafeteria und ordern gebackene Kartoffeln. Nicht weltbewegend, die 15cm Fritten sahen besser aus, weiß man aber immer erst hinterher. Als Krönung gönne ich mir ein Kartoffeleis – Vanille mit Kartoffelstückchen … ich fand das lecker!

Kartoffeleise Kartoffelmuseum

PEI ist die Korn- und Kartoffelkammer Kanadas, auf jedem zweiten Feld blüht es weiß überm Grün über der roten Erde. Wir verlassen diese Perle der erholsamen Langeweile in der Hoffnung auf mehr Action und Sehenswertes auf der anderen Seite der Confederation Bridge.

Diese Recherchereise wird zum Teil unterstützt von Condor, Canusa, Tourism Nova Scotia und Tourism PEI. Herzlichen Dank dafür!

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