Reisetipp: Es gibt Verrückte – und es gibt Taxifahrer
bereist am:

Reisetipp: Es gibt Verrückte – und es gibt Taxifahrer

Schon allein in Berlin in ein Taxi zu springen, kann einen eine ganz neue Welt der Erkenntnis einbringen. Auf meiner Weltreise habe ich festgestellt: Taxifahrten sind fast immer mit einem Abenteuer verbunden und in fast jedem Land der Erde gehören die Fahrer einem ganz bestimmten Schlag an, der sie zu ihrem Beruf geführt hat.

Je weiter die Reise vom eigenen Heimatkontinent wegführt, desto wahrscheinlicher die Notwendigkeit, ein Taxi nehmen zu müssen. Und dann nimmt man also das Schreiben vom Hotel oder den Zettel mit der Adresse, zeigt sie dem arglos blickenden Fahrer und begibt sich voller Vertrauen auf dessen Fahrkünste und Ortskenntnisse auf unbekannte Straßen. Wenn man einen kompetenten Mann hinterm Steuer erwischt hat, ist man binnen Minuten am gewünschten Ziel. Aber wehe, der arglose Blick verbarg ein argloses Hirn!

Auf der syrischen Überholspur

Sollte man beispielsweise einen Trip nach und in Syrien geplant haben (es gibt Leute, die tun das), kann es schon mal sein, dass Achmed am Steuer sitzt. Er lächelt mit dem schon erwähnten arglosen freundlichen Blick durch die verbliebenen Zähne. Achmed kennt das Ziel. Also heißt es anschnallen und los! Moment! Anschnallen? Das geht nicht. Es gibt keine Gurte. Da bleibt nur ein Stoßgebet, auf dass Achmed vorsichtig fahren möge. Achmed fährt mit Allah und gibt Gas. Die Autobahn vom Flughafen zur Innenstadt Damaskus erlaubt 100 kmh. Achmed düst mit 180 über die unmarkierte Fahrbahn. Ein weiteres Stoßgebet.

damaskus_verkehr

Vom Eselkarren bis zum neuesten Sportmodell sucht sich hier jeder seinen Weg. Hupen hilft. Beten auch. Gott, Buddha und Allah sei Dank, die Stadt ist in Sicht. Man hört sie auch. Lauter Achmeds hupen sich durch die dichten Straßen. Achmed schimpft auf den „Donkey“, der ihm grad die Vorfahrt genommen hat, biegt dann in die Straße des 26. Mai ein und hält akkurat vor der Hoteltür. Da zahlt man doch gerne 300 Pfund (3 Euro) – für die Fahrt und das eigene Leben.

Kundenaqukise auf Indisch

Achmed war zumindest ehrlich. In Bombay sind die Taxifahrer schon etwas geschäftstüchtiger. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass sogar zwei Personen an der Fahrt verdienen: der Fahrer und der Reiseführer. Letzterer ist für die Akquise zuständig. Er empfängt die Touristen schon am Ausgang des Flughafens und nutzt schamlos deren Orientierungslosigkeit aus. Selbstverständlich bringt er sie zum besten und ehrlichsten Taxi der Stadt. Bis dahin dachte man noch, Johnny wäre der Fahrer.

Indien-tuktuk

Aber der sitzt schon im Taxi. Und dann erzählt Johnny von sich, seiner Familie, dass das gewählte Hotel schlecht sei und er ein besseres kenne und so weiter. Die Fahrt scheint unendlich lang und als man endlich bezahlen will, handelt Johnny den Preis aus. Unverschämt viel, aber man gibt naiver Weise am ersten Tag gerne. Nicht doch, das war nur für seinen Freund, den Fahrer, er als Reiseführer müsse ja auch von was leben! Sicher, noch mal 500 Rupien (7 Euro) für das Schlitzohr auf dem Beifahrersitz.

Mit Mickey Mouse durch Tokio

Taxi fahren ist eine der bequemste Arten, eine neue Stadt zu erkunden. Dabei gilt: Je uninformierter der Fahrer, desto mehr sieht man. In Tokio beispielsweise kann man sich schon mal verfahren. Die meisten Taxen sind daher mit Navigationssystem ausgerüstet. Aber es gibt immer einen Fahrer, der macht es noch auf die gute alte Papierplantour. Er fitzelt sich durch ein dickes Buch in Postkartenformat, Quadratzentimeter für Quadratzentimeter durch die größte Stadt der Welt.

Japan-115

Und wie er auf diesem Format etwas erkennt? Er steigt an der dritten roten Ampel aus und holt eine Lupe aus dem Kofferraum – ohne die weißen Handschuhe zu beschmutzen. Man kann sich das schmunzeln kaum verkneifen. Als er dann nach einer halbstündigen Stadtrundfahrt noch immer nicht das Hotel gefunden hat, greift er zu härteren Maßnahmen: anrufen. Man möchte erwarten, er zückt nun ein Handy und alles ist paletti, aber dieser Fahrer steuert auf eine Telefonzelle zu. Ziel erreicht, in jedem Sinne, denn das Hotel ist gleich daneben. Da muss er dann selbst auch lachen.

Aloha und immer mal ein „Yeah“

Japaner sind sehr höflich und zurückhaltend, sie würden nie mit dem Fahrgast schwatzen. Ganz anders im Aloha-State Hawaii. Da sitzt Leo hinter dem Steuer eines Shuttle-Busses und hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Gäste in erster Linie zu unterhalten und in zweiter Linie am gewünschten Hotel abzusetzen. Leo findet „einfach nur fahren“ langweilig. Das machen die anderen schon. Er nimmt ausschließlich „freundliche und intelligente Leute“ an Bord und stellt sie vor die Wahl, entweder seine Kindheitsgeschichte zu hören oder etwas über Honolulu zu erfahren.

maui-flughafen

Zur musikalischen Untermalung bietet Leo Heavy Metal oder „laute spanische Musik“ an – beides wird sich als Hula-Musik aus dem lokalen Radio herausstellen. Und während er seine Kindheitsgeschichte rekapituliert und man sich langsam fragt, was der Mann eigentlich raucht oder einnimmt, hält nebenan ein voller Reisebus. Leo versucht ernst zu wirken und bittet seine Gäste, freundlich zu lächeln und denen da drüben einen glücklichen Bus vorzugaukeln. Er wisse, dass das viel verlangt sei, aber das ist sein Job: Die anderen ködern mit einer fröhlichen Vorzeigekundschaft.

Hawaii-aloha-leis

Ja, am liebsten hätte er, dass alle im Bus mit ihm singen, aber es reicht auch ein „Yeah“ hier und da als Bestätigung, dass die Fahrgastgemeinschaft im Geiste bei ihm ist. Und tatsächlich, die Gäste machen kichernd mit und sei es nur, um nicht Opfer von Leos Spekulationen und Philosophien über den gemeinen Fahrgast zu werden. Denn Leo macht sich so seine Gedanken über die einzelnen „Parteien“, die er hier kutschiert. Die „José-Partei“ zum Beispiel war nicht am vereinbarten Abholplatz aufegtaucht – Josés Pech, denn nun werden er und alle Mexikaner durch den Kakao gezogen. Taumelig vom Lachen und mit einem geradezu befreienden „Yeah“ verlässt man nach einer langen Fahrt den Kleinbus und weiß nicht genau, ob man wirklich noch mal mit diesem Clown mitfahren würde oder nicht. Aber irgendwann braucht eben jeder ein Taxi.


p.s. Diese Geschichte ist natürlich exemplarisch, dient einem rein unterhaltsamen Zweck und möchte den Berufsstand der Taxifahrer nicht diskriminieren.

Stichworte: , , ,