Wie ich in Schottland einen bügelnden Wikinger traf
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Wie ich in Schottland einen bügelnden Wikinger traf

Heute Morgen sah ich einen Wikinger – bügelnd auf einem überdachten Langboot! Das dürfte der Höhepunkt meiner Reise gewesen sein. Zusammen mit Debbie und ihrer Freundin kommandierte ich einen verkleideten Schotten, samt seinem Bügeltisch und Bügeleisen auf der Dachkante von links nach rechts zu robben und Krieger-Posen einzunehmen. Soviel Spaß, und das so früh am Morgen.

Shetland-Insel Unst: Bushaltestelle

Wikinger auf Unst

Die Menschen auf Unst, der nördlichsten Shetland-Insel, leben am weitesten vom britischen Festland entfernt und bestätigten vielleicht deshalb meine Theorie vom verrückten Inselmenschen. Auf abgelegenen Eilanden muss man sich ständig selbst entertainen und stellt dafür einiges an. Und dann starten sie eben einen Foto-Wettbewerb unter den 500 Einwohnern, die in einem jeden Foto ein Bügeleisen unterbringen müssen. Verrückt sind natürlich auch die, die dafür in Wikinger-Kluft über Dächer robben. Oder eben auch solche, die Bushaltestellen möblieren. Eine der Unster Bushaltestellen hat sogar eine Webseite!

Shetland Fotos

Fetlar – der Steingraten der Shetlands

Zwischen all den liebenswert Verrückten habe ich noch Robert und Martha kennengelernt. Die arbeiten beide auf der Insel Fetlar (nur 70 Einw.). Robert soll dafür sorgen, dass mehr Einwohner aufs Eiland kommen. Er hat mir auch gezeigt, unter welcher grauen Schüssel das inselweite Wifi steht! Dann haben wir noch in einem kleinen Museum herumgestöbert, bis er mich bei Martha ablieferte, die mich über den „Steingarten der Shetlands“ führte.

Shetland-Insel Fetlar: Warnschild

Ich habe das Wort Steingarten irgendwie mit Blumen gleichgesetzt, aber es geht wohl auch um die geologische Vielfalt an Gesteinsarten. Trotzdem musste Martha mir Blumen zeigen, wie die seltene Sumpforchidee, obwohl sie lieber Vögel gucken mag. Alles in allem, blüht es auf Fetlar ähnlich wie auf den anderen Inseln, aber man muss schon aufpassen, die seltenen Pflanzen nicht kaputt zu treten, auf den Shetlands ist ALLES kurzbeinig, selbst die Blumen!

Shetland-Insel Fetlar: Sumpforchidee

Eigentlich wollten wir noch ein paar Otter beobachten (sollen sich an der gesamten Küste herumtreiben), aber Martha sah schon von weitem ein Auto stehen und befand den Strand als „überfüllt“ und zerschlug meine Hoffnung auf Ottersicht. Dafür sahen wir ihr Frühstück, den Lunch, den Brunch und vermutlich noch die Rest vom Abendessen – überall Krabbenreste und Seeigelhüllen. Nach dem windigen Küstenspaziergang schipperte ich wieder nach Unst und traf den nördlichsten Brauer des Vereinigten Königreichs.

Wikinger-Bier in der nördlichsten Brauerei des UK

Sonny Priest war eigentlich Flughafenangesteltter in Baltasound, aber der Flughafen wurde in den 1990ern stillgelegt und damit er nicht abwandert, sagte man ihm den Support der Stadt für egal welche verrückte Schnapsidee zu. Es wurde eine Brauerei und Sonny mag Ale, also eine Brauerei, die dunkles Bier braut. Weil hier oben eben alles etwas nordischer ist, nannte er den Schuppen die Vahalla-Brauerei. Die beliebteste Sorte heißt übrigens „Simmer Dim“ und war im „Final Checkout“ – den letzten Shop vor dem Atlantik – bereits ausverkauft als ich zuschlagen wollte. Sonny ist jedenfalls ein ernster Mann, findet dass die vielgepriesene gute Ausbildung auf den Inseln nicht wirklich hilfreich ist – die Kids wandern ab und kommen nie wieder, keiner lernt mehr Handwerk… Sonny baut unweit des Saxa Vord Hotels in einer alten Flugzeughalle der Royal Airforce seine neue, vergrößerte Brauerei auf. Dort besuchte ihn gerade als wir das Interview führten Neal, der Mann mit der nördlichsten Hühnerfarm!

Am nördlichsten Ende Britanniens

Was soll ich sagen, die Unster sind echt lieb. Der Hotelmanager fand nach 30 Stunden Suche ein USB-Kabel für mich! Und Debbie kümmerte sich auch am zweiten Abend rührend um mich und ihre PR. Sie fuhr mich sogar noch zum Aussichtspunkt, vorbei am Torfstecher-Wettbewerb, wo die Bonxies ungestört über die Klippen gleiten. Nicht im Sonnenuntergang – den habe ich noch gar nicht erlebt, ich schlafe immer vorher ein! Und um 22 Uhr ist der ja noch nicht zu erwarten. Also nur ein Blick auf die Nordspitze bzw. einen Felsen, auf dem der … ihr erratet es: nördlichste Leuchtturm Britanniens ausharrt. Debbie sagt, morgen wird das Wetter schlechter, daher musste ich das heute noch sehen.

Shetland-Insel Unst: Leuchtturm

Über sowas lachte der Schotte, der am Morgen den Wikinger spielte, nur und schüttelte den Kopf, als wäre das doch völlig unnötig. Hätte ihn im Kilt und mit dem roten Gesicht beinahe nicht wiedererkannt, als er in der Bar plötzlich Debbie wegen des Bügelfotos ansprach – sie schuldete ihm dafür noch ein Bier.
Und ich geh jetzt mit USB-Kabel Nr.2 aufs Zimmer und lade mehr Bilder aufs Netbook!

Gute Nacht und bis morgen (mein letzter Tag auf den Shetlands :()

Diese Recherchereise wurde unterstützt von Visit Scotland. Vielen Dank dafür!

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