Wie ich Walpurgisnacht im australischen Hartz verbrachte
bereist am:
Nightwing

Wie ich Walpurgisnacht im australischen Hartz verbrachte

Liebe Mitharzer und Freunde heidnischer Bräuche,

stellt euch vor, es ist Hexennacht am Blocksberg und ich bin nicht da. Ich war eigentlich nie da! Zumindest nicht an einem 30. April. Im Harz dürfte ich das letzte Mal vor 15 Jahren gewesen sein. Und heute dann wieder. Nur auf der anderen Seite der Erdkugel – in den tasmanischen Hartz Mountains. Ich habe fünf Leute befragt, ob dieser Hartz etwas mit dem unsrigen Harz zu tun hat oder nicht, bis ich tatsächlich am Ende des Tages eine vernünftige Antwort bekam. Aber wir wollen den Dingen ja nicht vorweggreifen!

Walpurgis-Parallelen

Zunächst einmal muss ich erzählen, dass wir in selbigen Hartz Bergen ein bisschen spazieren waren. Ich finde die Idee einfach teuflisch gut und hoffe natürlich heimlich auf eine spontane Begegnung mit einer schwarzen Kreatur. Auge in Auge mit dem Teufel, aber ohne Mauer dazwischen. Statt auf den Brocken begeben wir uns zum Lake Osborne (nicht nach Ozzy benannt!). Eine Viertelstunde lang geht es über Holzstege, durch meterhohe Grasbüsche, Heidekraut und den hiesigen Regenwald, in dem die Grasbäume und Baumfarne zwischen den orangen Stämmen der Eukalypten tropische Stimmung verbreiten.

Tasmanischer Busch

Am Gletschersee ist es totenstill, nicht einmal Vogelzwitschern ist zu vernehmen. Neben den King Billy Pinien schnuppern wir in die sauberste Luft der Welt und ich plappere in die Stille hinein, wie man auf dem deutschen „Hartz Peak“ die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai begeht, wie Hexenmeister und Teufelsweiber sich an Lagerfeuern treffen und wilde Partys feiern. Das kennt Guide Matt nämlich nicht. Er lacht: „Teufel haben wir hier auch, und wenn ein Opossum schreit, möchte man nicht allein im Wald stehen. Das kreischt furchtbar!“

Lake Osborne, Hartz Monuntains, Tasmanien

Walpurgisgeschichten erzählen sich die Tasmanier allerdings nicht. Die australische Nation formierte sich, als in Europa längst das Zeitalter der Aufklärung angebrochen war – Märchen und heidnische Riten hatten längst ausgedient. Wer sich in Tasmanien Gruselgeschichten am Lagerfeuer anhören möchte, der muss sich auf die Realität einstellen. Matt umreißt es sehr grob für mich „hauptsächlich erfrorene oder verhungerte Wanderer, die von Schneestürmen überrascht wurden oder nicht rechtzeitig den Weg aus der Schönheit unserer tasmanischer Bergwelten fanden.“ Teufel noch eins, bin ich froh, dass es noch Tag ist und wir innerhalb von 15 Minuten dem grauen Himmel entfliehen können.

Tahune Airwalk im Hartz

In der Nähe der Hartz Mountains wandeln wir über den Tahune Airwalk, ein Laufgitter in 48 Metern Höhe, das an den wirklich hohen Baumriesen vorbeiführt. Eukalyptuswipfel zur Rechten und Linken. Es ist gar nicht wackelig, das vergitterte Geländer ist sicher – so hoch wie Claudi. Der Weg durch die Bäume ist nicht weit, aber die Aussicht umso weiter und vor allem grün. Unten fließt der Huon River, auf dem geschlagene Baumstämme transportiert werden. Eukalyptus ist beliebt in der Holzindustrie, hab ich mir sagen lassen. Für ein bisschen mehr Abenteuer hüpfen wir über die Hängebrücken des Huon und des Picton River.

Tahune Airwalk

Die Ex-Apfelinsel

Nebenbei erfahre ich, dass Tasmanien sich mal als die Apfelinsel bezeichnet hat. Bis in die 70er Jahr hat man vor allem im Huon Valley, in dem wir heute unterwegs sind, Apfelplantagen gehegt und gepflegt, bis jemand in Europa den Hahn zugedreht hat und der Export unlukrativ wurde. Ganze Plantagen in Tasmanien sollen in Feuer aufgegangen sein! Mittlerweile pflanzt man wieder neue Bäumchen und exportiert das Obst nach Asien. Die Bäume sind kaum einen Meter hoch, aber krachend voll, die Äste zum Bersten beladen.

Mehr Fotos von Tasmanien

Luxustipies hinter den sieben Hartz-Bergen

An einer dieser Plantagen geht es aufwärts zu unserem recht versteckten Nachtlager. Mitten im Gebüsch, hinter den sieben Bergen bei den zwei Zwergen Paul und Michael haben wir eine Luxushütte mit ohne Heizung im Schlafzimmer ergattert (nagut, war schon vorbestellt) und einer Außenbadewanne mit Waldblick der spektakulären Art – in die Tiefe und die Weite. Und einem Kamin! Um den haben wir uns zum Abendessen geschart und lecker Wasabi-Käse und Hähnchenbrust in Pflaumensauce geschlemmt.

Paul schwärmt uns natürlich von seinem kleinen Resort hier oben in den Bergen vor, er hat sogar Luxustipis mit Solarzelle an der Spitze. Er kann mir auch endlich eine schriftliche Quelle vorweisen, laut der unser schöner Harz die Namensvorlage für den tasmanischen Hartz ist. Paul und Michael führen diese Ökolodge erst seit einigen Jahren, aber mit voller Begeisterung. Michael kocht und putzt, Paul geht rangern und baut die Hütten – das perfekte Paar. Ihr Haustier ist übrigens ein Wallaby namens Ratty. Durfte es ganz kurz mal knuddeln und mit Weintrauben füttern – süüüüß!

Teufel wurden bisher nicht gesichtet, auch nicht gehört. Bei einem Gläschen Wein schau ich von der Veranda in den dunkelblauen Himmel zu den Sternen des Südens. Unter mir gähnt der Abhang. Wer weiß, was da alles gerade durch den Wald kreucht und fleucht… Moment, hat da grad was gekreischt? Muss mal meine Jungs suchen gehen!

bis später, frohes Hui-Buh!
Claudi

Ich reiste auf Einladung von Tourism Tasmania und Qantas Airlines

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